Drive Magazin Juli 2003
Zürisee Golf AG

Weg zum "Schatz am Zürisee"

Nach dem Scheitern eines zu ambitiösen, ja, grössenwahnsinniges Projektes in den sanften südwestlichen Hängen vom Pfannenstiel hat eine neue Gruppe von Initianten, die Zürisee Golf AG, bescheidenere, aber reichlich ausgereifte Pläne für einen Golfplatz an gleicher Lage für den Mittelstand präsentiert.

Urs Osterwalder

Sein Strahlen in den Augen wetteifert mit jenem der Morgensonne, die gelegentlich zwischen den Wolken hindurch die lieblichen Hänge oben am Pfannenstiel über dem Zürichsee beleuchtet. Jean Dardelet, der Landschaftsarchitekt und Golfplatz-Designer aus Egg, gerät ins Schwärmen, wenn er dem Flecken Land zustrebt, auf den das 7. Green des geplanten 18-Loch-Platzes der Zürisee Golf AG zu liegen käme. Von diesem Punkt aus lässt sich der ganze Zürichsee überblicken. Hier würde jeder Japaner zwanghaft seine Kamera zücken und Panorama-Aufnahmen schiessen. Oder mit Blick südwärts, in ein kleines Tal, meint Dardelet: "Die ideale Landschaftsform für ein langes Par-5-Loch", mit 570 m notabene das längste Hole auf seinem Entwurf des Gestaltungsplanes für den 6270 m langen Par-72-Platz.

Dardelet hat die Aufgabe, für die Initianten des neuen, bescheideneren Zürisee-Golfprojektes zu arbeiten, mit der ihm eigenen Akribie angepackt. Der Fachmann ist ein Perfektionist, bekannt für grundsolide und seriöse Arbeit. Das faszinierte auch den Schweizer Spitzenspieler André Bossert: "Ich habe bei Dardelet etliche Eigenschaften entdeckt, die sich mit meinen decken. Deshalb haben wir uns sofort gefunden." Inzwischen war der vielbeschäftigte Profi mehrmals im Gelände über dem See. Schon die gute Qualität der von Dardelet gezeichneten Anlage in Unterengstringen hatte Bossert überzeugt davon, dass hier einer am Werk war, der sein Fach versteht. Und weil der Zürcher Pro nicht nur von der Person Dardelets überzeugt ist, sondern auch fasziniert von der Schönheit der Landschaft, steht er gerne als Ratgeber zur Verfügung. Bossert gibt Imputs aus der Sicht des mit der Taktik des Spiels bestens vertrauten Athleten. Gemeinsame Brainstormings bringen die Interessen des Landschaftsarchitekten, dem der Schutz der Natur oberstes Gebot ist, und jene des Golfers unter einen Hut. Bossert ist überzeugt, dass der Platz, sollte er letztlich gebaut werden dürfen, eine schönere Landschaft sein wird als jetzt. Schade, so der Professional, dass das viele partout nicht einsehen wollen und Widerstand organisieren, wo solcher gar nicht angezeigt wäre.

Tatsächlich liegt die Erholungszone nahe am Siedlungsgebiet, was die Aufgabe eines Projektes heikler gestaltet. Deshalb präsentierten die Initianten Heinrich Grob (Kulturingenieur aus Uster), Franz Scherrer (Projektleiter und Präsident der Zürisee Golf AG aus Kilchberg), Alex Vögele (Finanzchef aus Zürich) und Dardelet eine wesentlich detailliertere Planung als dies zum jetztigen Zeitpunkt erforderlich wäre. Bessere und umfassendere Information, Zusammenarbeit mit Umwelt-, Wasser-, Tier- und Vogelschutz von allem Anfang an, schaffen möglicherweise den nötigen Goodwill und erhöhen die Chancen auf die Realisierung eines Projektes, wie die Erfahrung hierzulande lehrte. Deshalb musste die erste Initiantengruppe, die an der Golfküste den "schönsten Golflatz Kontinentaleuropas" bauen wollte, im letzten Herbst klein beigeben. Zu wenig Transparenz, zu wenig Willen, mit den einschlägigen Instanzen zusammenzuarbeiten, zu wenig Gespür für die Art und Weise des Vorgehens, damit Goodwill auch bei Nichtgolfern geschaffen werden kann, zu wenig Kooperationswillen auch einiger Landbesitzer.

Da geht die neue Interessengruppe trotz ersten Anzeichen von Gegenwind (siehe separaten Kasten) schon subtiler vor. Sie wollte vermeiden, dass ein für den Standort eines Golfplatzes wie geschaffenes Gelände definitiv verloren geht. Die damals bereits bestehenden Pachtverträge wechselten die Hand und verpflichteten ein Dutzend Landeigentümer, ihren Grund und Boden, insgesamt 83 Hektaren (beim ursprünglichen Projekt war von 130 ha die Rede, mit zusätzlichem 9-Loch-Platz und einem Ausbildungszentrum), der Zürisee Golf AG für die nächsten Jahrzehnte zur Verfügung zu stellen. Darauf soll ein meisterschaftstauglicher 18-Loch-Platz entstehen. Das Gelände würde mitsamt notwendiger Infrastruktur mit Klubhaus (Standort beim jetzigen Schützenhaus, voraussichtlich in Kooperation mit den Standschützen) und Werkhof weitgehend landwirtschaftlich genutzte Fläche ersetzen. Die einstigen Feuchtgebiete wurden zur Erleichterung der Feldarbeit drainiert. Dardelet sammelte möglichst viele Informationen über das Gelände, Verzeichnisse über Baumbestände, Vegetation, Topographie, Bodenbeschaffenheit und Drainage. Die Auswertung der Infos ergab, dass derzeit nur mehr 20 Prozent der Bäume steht. Dardelet beabsichtigt die Drainage-Rohre aus dem Boden zu entfernen und das einschlägige Gebiet gemäss seinem ausgearbeiteten "Idealplan Landschaft" zu renaturieren, alte Bäche wieder plätschern und Weiher wieder entstehen zu lassen, die eigentich hierher gehören.

Bis dahin ist indes noch eine beträchtliche Wegstrecke zurückzulegen, absehbar mit etwelchen Hindernissen. Zwei Planungsstufen (Richtplanung und Nutzungsplanung), von denen die zweite abermals zweigeteilt ist (Zonenplan und Gestaltungsplan), müssen passiert werden, um überhaupt ein Baubewilligungsverfahren einleiten zu können. Der Prozess ist komplex. Mit zeitraubenden Einsprachen muss gerechnet werden. Über die Landumzonung muss nicht nur in einer, sondern in zwei Gemeinden (Meilen und Herrliberg) abgestimmt werden, was die Sache auch nicht erleichtert. Wegen des komplizierten Sachverhalts und der ineinandergreifenden Planverfahren verzichten die Initianten auf Spekulationen mit Zeitangaben. Eine Baubewilligung läge aber im allergünstigsten Fall Ende 2004 oder Anfang 2005 vor. Umso mehr konzentriert sich die Zürisee Golf AG darauf, eine möglichst positive Stimmung zu schaffen. Ein Schachzug war die Wahl des Meilemer Alt-Gemeinderats und Swissair-Sachwalters Karl Wüthrich zum Präsidenten des Fördervereins mit 900 Mitgliedern. Zur Promotion des Projektes soll vor dem Schützenhaus Meilen eine provisorische Driving Range erstellt werden. Hier sollen die Bürger von der Attraktivität des Golfsports überzeugt werden. Und wer weiss, ob nicht der eine oder andere die Begeisterung für die geplante Anlage mit André Bossert und Jean Dardelet teilt und leuchtende Augen kriegt, wenn von diesem "Schatz am schöne Zürisee" die Rede ist?



Approach ins Rough

Nachdem Grundeigentümer, Pächter, Gemeindebehörden, die Zürcher Planungsgruppe Pfannenstiel und die Medienvertreter bereits orientiert worden waren, wagten sich die Vertreter der Zürisee Golf AG in den ersten Junitagen erstmals vor das Volk. Und mit dieser Annäherung begaben sich die Initianten keineswegs auf eine gemähte Wiese, sondern in markant raueres Gelände. Der erste Approach landete quasi statt auf dem Green im Rough. Im Kirchenzentrum jener Gemeinde, auf deren Boden der grösste Teil der geplanten Anlage zu liegen käme, von Feldmeilen, reagierten über 300 Besucher der Präsentation und der Podiumsdiskussion dem Projekt gegenüber wenig wohlwollend. Es herrschte die Meinung vor, Feldmeilen brauche für einen Golfplatz, der einem exklusiven Zirkel von Leuten reserviert sei, keine 83 Hektaren Land zu opfern. Es wurde mitunter auf sehr emotionaler Ebene und mit unzimperlichen Voten gegen das Projekt gewettert. Es war beispielsweise von "Vergewaltigung der Landschaft" die Rede, von "Degradierung der Landwirtschaft". Als Argumente gegen die Anlage wurden der Mehrverkehr, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Wanderern, Reitern, Radfahrern, Pfadfindern und anderen Nutzern des Naherholungsgebietes ins Feld geführt. Vielen war ein Dorn im Auge, dass ein grosser Landschaftsabschnitt künftig nur mehr einem Prozent der Bevölkerung, den Golfern, zur Verfügung stehen würde. Stur wurde kein Zoll von der vorgefassten Meinung abgewichen. Die Beteuerungen der Befürworter, Spaziergänger hätten weiterhin die Möglichkeit, das Gelände zu begehen, ökologische Flächen würden durch den Bau des Golfplatzes sogar wieder in urtümlicher Weise der Natur überlassen und Bäche und Weiher könnten renaturiert werden, stiessen auf taube Ohren. Noch steckt die Öffentlichkeitsarbeit für den Zürisee-Golf in der Anfangsphase. Dass aus dem Rough direkt eingelocht wird, ist eher selten. Wer weiss, vielleicht brauchts nach der nächsten Annäherung nur mehr einen guten Putt bis ins Ziel? ost.




Ungewöhnliches Finanzierungsmodell

Um den geplanten Zürisee-Golf dereinst kostendeckend betreiben zu können, gehen die Initianten davon aus, dass dem Klub rund 500 zahlende Mitglieder (Obergrenze 700 ordentliche Mitgliedschaften, bzw. 900 Spielberechtigungen) angehören werden. Willkommen ist an sich jeder. Schön wär's, stammte das Gros der Interessenten aus den Gemeinden, auf deren Gebiet die Anlage zu liegen käme (Meilen und Herrliberg). Auch Arbeitnehmer in den beiden Gemeinden sowie Einwohner anderer Verbandsgemeinden der Planungsgruppe Pfannenstiel (Egg und Oetwil) würden bei knappem Spielrechtangebot von Vorzugskriterien profitieren. Für die entstehenden Baukosten wurden rund 20 Millionen Franken veranschlagt. Die Hälfte dieser Summe brächten einstweilen noch nicht genannte Investoren auf. Blieben 10 Millionen Franken, die gedeckt würden durch den Verkauf von Spielrechten. Das Modell, so Fianzchef Alex Vögele, sei keineswegs absurd. Zumindest liessen sich Signale aus der Golf-Szene Schweiz in diese Richtung interpretieren.

Für ein für zehn Jahre geltendes Spielrecht wären 15 000 Franken aufzubringen (anteilmässige Rückerstattung bei vorzeitigem Austritt unter bestimmten Bedingungen, um beispielsweise der zunehmenden Mobilität der Menschen gerecht zu werden). Das System mit dem befristeten Spielrecht begünstigt unter anderen ältere Herrschaften, die nicht sicher sind, wie lange sie ihren Sport noch ausüben können. Zudem lässt das Modell die Möglichkeit offen, nach Ablauf der ersten Frist von zehn Jahren den Platz, die Finanzierungsart oder das Konzept neu zu überdenken und allenfalls veränderten Bedürfnissen anzupassen. Es wird davon ausgegangen, dass die Erneuerung des Spielrechts dannzumal maximal 20 Prozent über den Preiskonditionen zum Zeitpunkt des Eintritts liegen wird. Eine neben dem Spielrecht aufzubringende einmalige Eintrittsgebühr kostet verhältnismässig bescheidene 4000 Franken (a fonds perdu). Junioren sind von fast sämtlichen finanziellen Verpflichtung entbunden, ausser von einem Jahresbeitrag in Höhe von Fr. 600.-, für den andere Mitglieder Fr. 2500.- zu entrichten haben.

Um die Planungskosten zu decken, die sich auf etwa 1,1 Millionen Franken belaufen, verkauft die Zürisee Golf AG seit einigen Wochen Optionsrechte. Diese berechtigen dazu, gegebenenfalls zu besonderen Bedingungen Spielrechte zu erwerben. Die Optionen sind eine Art vorgezogene Eintrittsgebühr, die sich der Inhaber indes ans Bein streichen kann, wenn der Platz nicht gebaut werden darf. ost.