NZZ, 6. September 2001

Erste Flussregenpfeifer am Loch 7

Renaturierung des Golfplatz-Geländes Unterengstringen

In Unterengstringen entsteht ein 9-Loch-Golfplatz nahe der Limmat, dessen landschaftspflegerisches Begleitprojekt insbesondere die ökologische Aufwertung der Uferzone zum Ziel hat. Mit der Rekonstruktion alter Flussarme und Bachläufe werden also nicht nur für das Golfspiel attraktive Gewässer gewonnen, sondern auch Lebensräume für auentypische Tierarten und Pflanzen geschaffen.

Über dem Gelände der künftigen Golfanlage Unterengstringen hängen Staubwolken. Baumaschinen verbreiten Gestank und Lärm. Trotzdem hat Landschaftsarchitekt Jean Dardelet zu seiner grossen Überraschung bereits Flussregenpfeifer entdeckt. Die mit Kies gestalteten Flachufer der neuen Gewässer im Limmatknie bei Fahrweid haben offensichtlich das Interesse dieser typischen Vertreter einer Auen- und Flusslandschaft geweckt, und vielleicht werden sie dereinst auf dem 27 Hektaren grossen Gelände einen geeigneten Brutort finden.

Die für alle Golfplätze vorgeschriebenen ökologischen Ausgleichsflächen, die einen Drittel der Gesamtfläche umfassen müssen, sind im Fall Unterengstringen von besonderer Bedeutung. Denn sie tangieren die im kantonalen Richtplan ausgeschiedenen Zonen entlang der Limmat zwischen Dietiker Wehr und Schlieren. Gemäss Richtplan soll dieses Erholungsgebiet aufgewertet und sollen neue Lebensräume mit Gewässern geschaffen werden. Vor allem durch Ausgleichsflächen in den flussnahen Randzonen werden nun Verbindungen zum bestehenden Mischwald am Ufer hergestellt und verschiedene Biotope vernetzt

Projektleiter Jean Dardelet erachtet deshalb das Renaturierungsprojekt der Golfplatz Unterengstringen AG als wichtigen Realisierungsschritt der gewünschten ökologischen Aufwertung des nördlichen Limmatufers. Aus diesem Grund erwartet die Bauherrschaft eine Beteiligung des Kantons an den Renaturierungskosten, die gut 2 Millionen Franken betragen.

Rekonstruktion von drei Altarmen

Um den feucht-trockenen Lebensraum der in Auenlandschaften vertretenen Tierarten wie zum Beispiel Ringelnattern, Kreuzkröten oder Eisvögel zu rekonstruieren, werden drei mäandrierende Nebenarme der Limmat - sogenannte Altarme - künstlich wieder eingeführt. Diese phasenweise bei Hochwasser oder Regenfällen wasserführenden Senken trockneten vermutlich nach dem Bau des Stauwehrs und der damit verbundenen Aufschüttung des Limmatufers vollkommen aus. Im Zuge der landwirtschaftlichen Nutzung verschwanden sie unter einer Erdschicht. Mit Hilfe von alten Karten und Fotos konnte Dardelet die ehemaligen Senken identifizieren und auf dem Reissbrett ein von Limmat- und Grundwasser gespeistes Gewässer-System rekreieren. Im Zentrum der Überlegungen stand die harmonische Verbindung von Golfplatz und Landschaftsprojekt.

In den letzten Monaten wurde ein Altarm, ein sogenannter "Giessen", im Grundwasser abgegraben. Da sich auf dem Golfplatz-Gelände das Pumpwerk der Gruppenwasserversorgung Geroldswil, Weiningen und Oetwil an der Limmat befindet, mussten dabei strenge Auflagen erfüllt werden. Der in drei Becken unterteilte, etwa 220 Meter lange Giessen wird wie die übrigen Gewässer ein Flach- und ein Steilufer aufweisen. Die mit Brutröhren versehene Lehmwand soll den Teich gleichzeitig etwas vom Golfbetrieb abschirmen. Inzwischen sind zwei weitere Altarme ausgebaggert worden, die im Unterschied zum Giessen zusätzlich mit Limmatwasser gespeist werden. Die abgeleitete Wassermenge sei auf den Liter genau festgelegt, sagt Dardelet.

Öffentlicher Durchgang zur Limmat

Die grösste Auflage betrifft die Fischtreppe unterhalb des Dietiker Wehrs, über welche die Fische von der Limmat her in einen Wiesenbach gelangen und über zwei untereinander verbundene Altarme wieder zurück in den Fluss geleitet werden. Aus Rücksicht auf die Fische wird das Rohr zwischen den beiden Altarmen mit einem Lichtschacht versehen. Ausser der Fischtreppe machen laut Dardelet die Umleitungsbauten für das Limmatwasser inklusive Auslaufbauwerke sowie das Verlegen bestehender Trinkwasserleitungen den Hauptteil der Renaturierungskosten aus.

Mitten durch den Golfplatz ist ein öffentlicher Weg zur Limmat geplant. Ein Fussgängersteg über den Altarm Glanzenberg, auf dessen Halbinsel das Green von Loch 7 zu liegen kommt, ist zurzeit im Bau. "Golfspielen und Spazieren beissen sich nicht", zerstreut Dardelet die Bedenken bezüglich fliegender Bälle. Spaziergängerinnen und Spaziergänger seien dank natürlichen Abtrennungen vor dem Spielbetrieb geschützt.