Tages-Anzeiger, 4. Oktober 2003

Golfprojekt am Pfannenstiel unter Beschuss

Der geplante Golfplatz am Pfannenstiel droht frühzeitig zu scheitern. Naturschützer, Anwohner, Bauern und SVP wehren sich gegen das Projekt.

Von Walter Sturzenegger

Im stark genutzten Erholungsgebiet auf den Pfannenstiel-Terrassen hoch über Meilen und Herrliberg soll auf einem Areal von 85 Hektaren eine 18-Loch-Golfanlage entstehen. Im Mai stellte die Zürisee Golf AG das 20-Millionen-Franken-Projekt vor. Geplant seien Spielbahnen, die sich möglichst natürlich in die prächtige Landschaft einfügen, Werkhof und Klubhaus könnten in und bei bestehenden Gebäuden erstellt werden, und gegen 30 Hektaren würden renaturiert, versprachen die Promotoren. Deutlich grenzten sie sich von jenen Initianten ab, welche 1999 mit einem noch grösseren Projekt gescheitert waren; auf dem Pfannenstiel solle kein elitärer Klub entstehen, sondern ein Golfplatz für den Mittelstand, versicherte Projektleiter Franz Scherrer.

Damit in dem heute landwirtschaftlich genutzten Gebiet Golf gespielt werden kann, muss der regionale Richtplan geändert werden. Die Zürisee Golf AG beantragt der Zürcher Planungsgruppe Pfannenstiel (ZPP), dem für die Richtplanung zuständigen Zweckverband von 12 Gemeinden zwischen Zollikon und Hombrechtikon, ein "Erholungsgebiet C - Golfplatz" zu schaffen. Danach sollen die Gemeindeversammlungen von Meilen und Herrliberg das Areal von der Landwirtschafts- in eine Erholungszone umzonen und einen Gestaltungsplan absegnen.

Breit abgestützte Opposition

Für die meisten der in den letzten Jahren realisierten Golfplatzprojekte im Kanton Zürich war die Richtplanänderung eine Formsache. Nicht so am Pfannenstiel. Die Zürisee Golf AG spürt schon in diesem frühen Planungsstadium mächtig Gegenwind. Die Gemeinderäte von Küsnacht und Erlenbach haben bereits gegen das Projekt Stellung bezogen. Die SVP Meilen fordert mit einer von 500 Personen unterzeichneten Petition dasselbe vom Meilemer Gemeinderat. Walter Haab, der in Feldmeilen in Sichtweite künftiger Spielbahnen wohnt, hat die Bürgerbewegung Fokus Meilen ins Leben gerufen, der sich mehr als 350 Leute aus der Pfannenstielregion angeschlossen haben. Er kann auf die Unterstützung des Quartiervereins Feldmeilen zählen und weiss den Naturschutzverein Meilen sowie den Zürcher Vogelschutz (ZVS), den kantonalen Dachverband der lokalen Naturschutzvereine, hinter sich.

"Wir wollen unsere wertvolle Kulturlandschaft mit ihren historischen Wegen und der fantastischen Aussicht auf See und Berge erhalten", begründet Walter Haab sein Engagement. Er möchte die "erste grosszügige Grünzone nach Zürich" am verstädterten rechten Zürichseeufer nicht Privaten überlassen.

Für ZVS-Geschäftsführer Ernst Kistler geht es um eine raumplanerische Grundsatzfrage: Der Sportplatz käme in ein kantonales Landschaftsförderungsgebiet zu liegen, das von der ZPP in den letzten Jahren ökologisch aufgewertet wurde - zum Beispiel mit dem Landschaftsentwicklungskonzept "Naturnetz Pfannenstiel".

Landwirtschaftsland wird teuer

Noch nie sei "so viel für die Entwicklung und Aufwertung von Natur und Landschaft im Bezirk Meilen erreicht worden", betont Michiel Hartman, Präsident des Naturschutzvereins Meilen. Ein Golfplatz würde die Anstrengungen "zu einem grossen Teil zunichte machen", ist er überzeugt. "Ökologisch kann sich unsere Region ein Kränzchen winden", findet auch Ralph Rusterholz, der "Naturschutz und Landwirtschaft im gleichen Boot" sieht. Der 33-jährige Landwirt auf dem Neuhof würde 23 Hektaren Pachtland und damit den grössten Teil seines Betriebes verlieren. Die Zürisee Golf AG bot ihm den Job als Chef-Greenkeeper an, doch das kommt für ihn "nicht in Frage".

Der geplante Golfplatz koste 8 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Meilemer und Herrliberger Bauern, rechnet ZVS-Geschäftsführer Kistler vor. Doch das Land würde nicht nur knapp, es würde auch teurer. Die Zürisee Golf AG bietet das Zehnfache des bisherigen Pachtzinses, wie Projektleiter Franz Scherrer bestätigt. Scherrer bedauert, dass das Projekt bereits in der Regionalplanung zum Politikum geworden ist. Auf die Sorgen und Nöte der Gegner will er mit Information und Exkursionen zu bestehenden Plätzen reagieren. Angst um sein Golfplatzprojekt hat er nicht: "Wir haben noch immer gute Chancen."